Die Gasteiner Perchten – jahrhundertealtes Brauchtum
Wenn am 1. und 6. Jänner der Perchtenlauf zwischen Bad Gastein und Bad Hofgastein stattfindet und Kappenträger, die Heiligen Drei Könige, Hanswurste, Frau Perchta und 140 andere mystische und sagenhafte Figuren dafür sorgen, dass Glück und Gesundheit im Gasteinertal Einzug halten, dann kann dieses Brauchtum auf eine bereits jahrhundertealte Geschichte zurückblicken. Denn schon im 14. Jahrhundert wurden die Perchten (Begriffserklärung ganz unten) erstmalig erwähnt, später immer wieder bei Strafe verboten, um schließlich 2011 in die UNESCO-Liste des immateriellen Weltkulturerbes aufgenommen zu werden. Verpassen Sie nicht den nur alle vier Jahre stattfindenden Lauf der ältesten Perchtengruppe, staunen Sie über die Vielfalt der bunten Gesellen und werden Sie Teil gelebter Geschichte des Alpenraumes.
Noch herrscht stockfinstere Nacht über dem Gasteinertal. Die Sterne stehen hoch am Himmel. Der Mond erleuchtet schwach die schroffen Gipfel und die darunterliegenden schneebedeckten Hänge. Es ist klirrend kalt und der Winter hat das Tal fest in seinem eisigen Griff. Leise Schritte sind zu hören. Gedämpfter Glockenklang und undefinierbares Rascheln durchbrechen die Nacht. Dann wieder Stille. Man kennt sich gut, reicht sich die Hände und nach und nach wird das Treiben geschäftiger.
Circa 150 Menschen, alles Männer, haben sich zu dieser unchristlichen Zeit eingefunden. Bereiten sich auf ihre Rollen und den strengen Ablaufplan vor. Jeder weiß genau, was er zu tun hat. Schließlich warten sie alle seit mittlerweile fast vier Jahren auf genau diesen Augenblick. Heute ist es soweit. Heute werden sie alle eine jahrhundertealte Tradition fortführen, sich in einer lange Kette ihrer Ahnen einreihen und der Geschichte Gasteins ein weiteres Kapitel hinzufügen. Stolz erfüllt werden die Kappen aufgesetzt, man reiht sich in den langen Zug ein und bereitet sich im Stillen noch einmal auf den Tag vor. Denn heute ist der 1.Jänner, der erste Tag des neuen Jahres. Kommen die Gasteiner Krampusse schon Anfang Dezember, ist heute der Tag der Gasteiner Perchten.
Heidnisches Treiben aus einer anderen Zeit
Wir schreiben das 14. Jahrhundert nach Christus. Protestanten werden aus dem Gasteinertal vertrieben und viele Gehöfte stehen leer. Für streng katholische Bayern und Tiroler gibt es fortan die Möglichkeit, sich zu besonders günstigen Bedingungen hier anzusiedeln und ihr Glück in Gastein zu versuchen. Auf diesem Weg kommen wohl auch schon zu dieser frühen Zeit die ersten Perchten von Südtirol über Nordtirol hierher und werden schnell Teil des hiesigen Brauchtums. Neben teufel- und schnabelähnlichen Gestalten erscheint vor allem Frau Perchta mit ihrer langen Nase auf der Bildfläche und sorgt für Gänsehaut unter den Menschen.
Später dann, um das Jahr 1730, steht es nicht besonders gut um das jahrhundertealte Brauchtum. Als Nachhallen der heidnischen Vergangenheit der Alpen wird das wilde Treiben der Perchten von kirchlichen und weltlichen Obrigkeiten als bedrohlich eingestuft und behördlich verboten. Hohe Strafen drohen denjenigen, die sich darüber hinwegsetzen. Doch dort, wo die Berge hoch und die Täler eng sind, wird Brauchtum wohl besonders intensiv gelebt und so ziehen die Perchten trotz aller Widrigkeiten in den Nachtstunden durch die Orte und zu den Gehöften.
Erst als König Ferdinand dem Tal im Jahre 1837 einen Besuch abstattet und sich entzückt vom grandiosen Auftritt der Perchten zu seiner Begrüßung zeigt, finden die jahrhundertealten Gesellen ihren Weg zurück in die Legalität. Alle Verbote werden aufgehoben und der Gasteiner Perchtenlauf wird nach und nach zu dem, was er heute ist: einer der ältesten Bräuche des SalzburgerLandes und aus dem Leben der heimischen Bevölkerung nicht mehr wegzudenken. Soviel zur Geschichte.
Die UNESCO-Liste des immateriellen Weltkulturerbes
Mittlerweile graut der Morgen und der Zug der über hundert einheimischen Männer macht sich auf den Weg. Bis zum Abend werden sie unterwegs sein, 16 Kilometer marschieren, nach einem strengen Reglement die Ortschaften zwischen Bad Gastein und Bad Hofgastein besuchen und dabei Glück und Gesundheit in Haus, Flur und Stall verbreiten. Denn darum geht es, wenn die älteste Perchtengruppe des Alpenraumes alle vier Jahre am 1. und am 6. Jänner am Morgen loszieht und erst dann zur Ruhe kommt, wenn sich der Schleier der Nacht wieder über das Tal legt. „Im Gegensatz zu vielen ähnlichen Veranstaltungen und Umzügen werden bei unserem Perchtenlauf nicht nur die Fremdenverkehrszentren, sondern nach jahrhundertealter überlieferter Tradition auch alle Ortschaften mit überwiegend ländlicher Bevölkerung wie Bad Bruck, Kötschachdorf, Remsach, Gadaunern, u.v.m., besucht“, so Perchtenhauptmann Andreas Mühlberger.
Einzigartig ist, dass sich die Gruppe dabei über die Jahrhunderte hinweg die alte Form erhalten konnte und rund 140 Gestalten und Figuren aus der Mythologie und der Sagenwelt am Umzug teilnehmen. Die Heiligen Drei Könige, Hexen, Krampusse, Schnabelperchten, die bereits erwähnte Frau Perchta und natürlich auch einige Hanswurste. Sie alle gemeinsam haben das Bestreben, die Schrecken des Eises und der Finsternis so schnell wie möglich wieder zu vertreiben und als Glücksboten zu fungieren.
All das und das Bemühen der Gasteiner, ihren Brauch rein und frei von äußeren Einflüssen zu halten, führte 2011 sogar dazu, dass dieser in die UNESCO-Liste des immateriellen Weltkulturerbes aufgenommen wurde. Für Einheimische gilt es noch heute als große Ehre, am Umzug teilzunehmen und sich an der jahrhundertealten Tradition zu beteiligen. Je nach Alter und den Jahren der Mitgliedschaft im Verein werden dabei die Rollen vom Hauptmann vergeben. Als höchste Ehre und auch höchste zu erreichende Stufe gilt es, einer der rund 30 Kappenträger zu sein. Dass eine solche Kappe bis zu 50 Kilo wiegen und über einen Meter hoch sein kann, ist dabei eher nebensächlich.
Der Lauf der Gasteiner Perchten
Dann herrscht in Gastein Ausnahmezustand. Nach einem festen Ablauf beginnt der Lauf beim Haus Silberkrug in Bad Gastein und zieht sich von Platz zu Platz, von Straße zu Straße und Ortsteil zu Ortsteil. Jede Figur hat dabei seine ganz besondere Rolle. Der Hauptmann führt die Perchten und hat auch sonst allerlei administrative Aufgaben ehrenamtlich zu erledigen. Frau Perchta zeigt das Gute und Böse in einer Figur vereint. Nachdem sie den Menschen lächelnd die Hand reicht, dreht sie sich blitzschnell um und eröffnet den erschrockenen Leuten durch eine Fratzenmaske am Hinterkopf ihr wahres Gesicht. Den Vorteufel könnte man gut und gerne als den Verkehrspolizisten des Perchtenlaufes bezeichnen, sorgt er doch dafür, dass der Weg für die nachkommenden Perchten und den Zug generell frei ist. Die Kappenträger bringen Glück in Form einer kurzen Tanzvorführung, bevor sie sich auf Befehl des Hauptmannes kurz verbeugen und wieder von dannen ziehen.
Ein unvergessliches Erlebnis für Gäste und Einheimische gleichermaßen, das man 2018 nicht verpassen sollte. Denn wie gesagt: Die nächste Chance, dieses Spektakel alpenländlichen Brauchtums zu erleben, hat man erst wieder 2022. Und außerdem kann wohl ein jeder Glück und Gesundheit in Haus, Flur und Stall auch 2018 noch gut gebrauchen.
© Fotos: Florian Bachmeier
Der Perchtenlauf am 1. und 6. Jänner 2018
Montag, 01. Jänner 2018
Der Perchtenlauf beginnt um ca. 07:30 Uhr beim Haus Silberkrug/Kötschachtalerstraße in Bad Gastein. Er führt vorbei am Poserplatz, weiter über den Birkenring zur Fa. Bayr/Ederplatz. Nach einer kurzen Pause setzt sich der Perchtenlauf über die Gasteiner Bundesstraße Richtung Bahnhof (ca. 10:30 Uhr) und Mozartplatz (Ehrentribüne mit professioneller Vorstellung des gesamten Perchtenzuges) durch das Ortszentrum nach Bad Bruck (ca. 14:30 Uhr) fort, wo der 1. Tag um ca. 18:00 Uhr endet.
Samstag, 06. Jänner 2018
Samstag, 06. Jänner 2018: Abmarsch um ca. 07:30 Uhr im Ortsteil Bad Gastein/Kötschachdorf – weiter über die Ortsteile Remsach – Gadaunern – Lafen – Zittrauerbauer (ca. 10:00 Uhr) – Anger/Angerweg – Gasteiner Bundesstraße/Kreuzung Bad Hofgastein Süd – Pyrkerstraße – Feldingweg/Ortsteil Felding (ca. 14:00 Uhr) – Pyrkerstraße – Ortszentrum Bad Hofgastein/Kirchplatz (ca. 16:00 Uhr professionelle Vorstellung des gesamten Perchtenzuges) – Salzburgerstraße – Griespark/Seniorenheim – Kurgartenstraße – Gasteiner Bundesstraße/Einfahrt Hofgastein West – Restaurant Berglift, wo der 2. Tag um ca. 19 Uhr endet.
Kurze Gasteiner Perchtenkunde
Ein Percht ist eine Gestalt aus dem alpenländlichen Brauchtum. Sie ist in diesem Gebiet weit verbreitet. Der Name ist wohl auf die Sagengestalt Frau Perchta zurückzuführen,die Faulheit bestraft und Fleiß belohnt. Bei den Perchten unterscheidet man zwischen den ‚guten‘ Schönperchten (prächtige Kappen) und den ‚bösen‘ Schiechperchten (unheimliche Masken). In der Zeit zwischen Ende Dezember und Heilige Drei Könige sind sie vielerorts unterwegs und vertreiben den Winter, das alte Jahr und bringen Glück und Gesundheit zu den Menschen.
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