46,4 Grad Celsius ist es warm und mit natürlichen Mineralien sowie dem Edelgas Radon angereichert – das Gasteiner Thermalwasser. Die heilkräftige Wirkung des Wassers hat das Gasteinertal über die Jahrhunderte weltberühmt gemacht. Der wertvolle Bodenschatz tritt aber erst nach einer langen Reise durch das Gestein zu Tage. Wir begeben uns heute in eine der 18 Quellen am Fuße des Graukogels, aus denen das heiße Nass geschöpft wird.
Jeden Tag fließen in Bad Gastein fünf Millionen Liter Thermalwasser aus den Tiefen der Hohen Tauern. Die Quellen befinden sich alle in direkter Umgebung zum Gasteiner Wasserfall. Gemeinsam mit Wassermeister Georg Klinger mache ich mich heute auf Erkundungstour. Wir besichtigen die Franz-Josef-Quelle oberhalb des Badeschlosses. Ob ich hitzeresistent sei, fragt Georg zu Beginn. „Na, klar“, antworte ich. In voller Montur, mit Jacke und Pullover, geht es gleich los.
Mit jedem Schritt steigen Temperatur und Luftfeuchtigkeit ein wenig. 160 Meter ist der Stollen lang, der zu den Austrittsstellen führt. Schon nach wenigen Metern muss ich die erste Schicht ablegen. Bald trage ich am Oberkörper nur noch ein völlig verschwitztes T-Shirt. Am Ende des Stollens angelangt, befinden sich 27 Austrittsstellen, aus denen das Thermalwasser direkt aus dem Felsen in Niro-Rohre geleitet wird. An ein, zwei Stellen tropft das Wasser direkt aus dem Felsen. Der dichte Wasserdampf ist das Einzige, was man noch klar erkennen kann. Hier hinten liegt die Luftfeuchtigkeit bei 100 % und die Lufttemperatur bei 45° C. In der Rudolf-Quelle, die wir später noch besichtigen werden, sogar bei 47 °C. Für meine Kamera und mich nur schwer auszuhalten. Wassermeister Georg verzieht keine Miene, er ist dieses Klima – zumindest für kurze Zeit – gewohnt.
Genug der Hitze für heute, wir kehren wieder zurück ans Tageslicht und Georg klärt mich weiter über die Quellen auf. Eine der bedeutendsten in Bad Gastein ist die Elisabeth-Quelle, die unterhalb des Hotels Straubinger liegt, wo auch der Quellpark errichtet wurde. Sie ist die ergiebigste, fördert täglich 2.518 m3 Wasser. Aus ihrem Fördervolumen wird auch direkt die Thermalwasserleitung nach Bad Hofgastein gespeist. Täglich werden von hier aus eine Million Liter in den Nachbarort transferiert. Unbedingt zu erwähnen, ist auch noch die Wasserfall-Quelle, die direkt im Bett des Bad Gasteiner Wasserfalls entspringt, etwas oberhalb der Brücke.
Nachdem das Thermalwasser in den Quellen gefasst wurde, wird es in einen Pumpbehälter am Fuße des Wasserfalls geleitet. Von dort aus gelangt es in zwei Hochbehälter und anschließend in die Therapiezentren, Kurhäuser und Hotels des Ortes. Die Qualität des Thermalwassers wird regelmäßig durch das Forschungsinstitut Gastein bzw. durch die Salzburg AG überwacht. Toller Nebeneffekt: Wegen der vielen Thermalwasserleitungen, die unter den Straßen verlaufen, sind diese im Winter eisfrei.
Übersicht über alle Gasteiner Quellen:
Ein Bad im Thermalwasser kann man in vielen Therapiezentren und Hotels der Region erleben. Natürlich gibt es auch in den beiden Thermen die Möglichkeit, das heiße Nass zu genießen, dort wird das Edelgas Radon heraus gefiltert.
Wie entsteht das Thermalwasser überhaupt?
Seit der letzten Eiszeit versickern am Nordrand der Hohen Tauern große Mengen von Schmelz- und Regenwasser. Über Klüfte im Felsen gelangt das Wasser tief ins Erdinnere, dort erwärmt es sich, steigt durch den entstehenden Druck wieder auf, kühlt am Weg nach oben ab, und sinkt wieder in die Tiefe. Bei diesem sich wiederholenden Vorgang lösen sich Radiumsalze aus dem Gestein. Wenn diese zerfallen, bildet sich im Wasser das Edelgas Radon. Nach einigen hundert bis tausend Jahren findet das heiße Nass entlang von Erzadern schlussendlich einen Aufstiegsweg. Mehr über die Entstehung und Wirkung des Thermalwassers gibt es in diesem Video zu sehen.
Einblick in die Geschichte des Thermalwassers
In frühchristlicher Zeit dürfte das Wasser zu Heilzwecken bereits in einfachen Becken genutzt worden sein. Einen ersten Badebetrieb markiert schließlich das Jahr 1350. Das Thermalwasser wurde damals in hölzernen Thermalwasserleitungen in die nahegelegenen Badehäuser geleitet. Diese lagen immer etwas tiefer, um das nötige Gefälle zu erreichen.
In den folgenden Jahren entwickelte die Wirkung des Gasteiner Thermalwassers durch Berichte von Patienten und Ärzten eine enorme Bekanntheit. Vor allem durch diverse Besuche von Adeligen aus dem Hause Habsburger etablierte sich im 19. Jahrhundert schließlich das Kurwesen in Gastein. Mit dem Bau der Thermalwasserleitung von Bad Gastein nach Bad Hofgastein 1828 durch Kaiser Franz Joseph I. und Ideengeber Erzbischof Ladislaus Pyrker konnten auch im Nachbarort erste Badeanstalten entstehen.
Die Geschichte der Gasteiner Quellen ist unmittelbar mit der historischen Entwicklung der gesamten Region verwoben. Es gibt also noch viel zu erzählen. Wir bleiben dran, Sie hoffentlich auch.
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