Niemand möchte in die Situation geraten, einen schweren Unfall am Berg zu erleben. In einem Moment gehen zwei Freunde noch nebeneinander am Grat – im anderen verliert einer den Halt, stürzt die Böschung hinunter und bleibt fünf Meter weiter unten liegen. Mich fröstelt beim Verfassen des Artikels. Gut, dass wir mit „Erste Hilfe am Berg“ lernen, Leben zu retten.
Gasteinertal lernt retten
Die wichtigsten Handgriffe müssen jetzt sitzen. „Wer weiß, was er tut, wird nicht hysterisch“, erklärt Simon Röck, Bezirksinstruktor des Roten Kreuzes der Bezirksstelle Gastein. „Sie entscheiden möglicherweise über Leben und Tod!“ Dank Handy kann heutzutage schnell Hilfe geholt werden, vor allem in Österreich, aber 10 Minuten können lange dauern. „Genau diese Zeit muss effizient genützt werden“, betont Simon.
Zwar haben wir alle einen Erste-Hilfe-Kurs für den Führerschein gemacht, doch liegt dieser meist lange zurück. Im Notfall können Stress und Angst paralysieren – alles scheint vergessen: Wie ist die Notrufnummer? Wo liegt die nächste Hütte? Wo befinde ich mich? Wie ist die Situation des Verletzten? Wie kann ich ihm schnell helfen?
Das Rote Kreuz Gastein bietet mit der Aktion „Erste Hilfe am Berg“ über den ganzen Tag verteilt je 35 Minuten Praxisunterricht an 3 Stationen: Reanimation; Wunden, Gelenksverletzungen und Knochenbrüche sowie Basismaßnahmen. Über 900 Teilnehmer sind jedes Jahr bei den kostenlosen Schulungen an der Talstation im Angertal, der Bergstation der Kaserebenbahn und der Senderbahn dabei. Es geht also mit den Gondeln auf und ab.
Angertal Talstation: Reanimation
Im Raum neben den Bergbahnen geht’s gleich zur Sache: „Hilfe!“, ruft Heidi, eine Institution des Roten Kreuzes Gastein und eine der zwei Instruktorinnen. Sie setzt einen astreinen Notruf, in dem alle Infos enthalten sind, ab: Wo ist der Notfallort? Was ist geschehen? Wie viele sind beteiligt? Wer ruft an? „Dann müsst ihr nur mehr etwaige Fragen beantworten“, erklärt Doris, die zweite Ausbildnerin. „Also nicht gleich auflegen!“ Heidi hat sofort den Gefahrenbereich gesichert, den Verletzten angesprochen, um Hilfe gerufen, den Notruf gesetzt, Bewusstsein und Atmung überprüft und ihn reanimiert. Zwei Minuten sind vergangen – nicht mehr. „Das ist die Zeit, ab der Gehirnzellen abgebaut werden, falls jemand nicht mehr atmet“, betont sie. Nun erklären die zwei den Teilnehmern, wie man eine Herz-Lungen-Wiederbelebung korrekt durchführt. Wir üben gleichmal an Puppen – für 5 Minuten wird im Takt des Metronoms auf den Torso gedrückt. Schweißperlen rinnen über so manche Stirn, die Hände zittern. Am Ende werden alle müde und pumpen erschöpft langsamer. „Das war anstrengend“, sagt der Mann neben mir. „Aber wir haben unser Bestes gegeben und hoffentlich jemanden gerettet!“ Schön.
Das nehme ich mit: Der Notruf muss schnell gesetzt werden. Die Reanimation muss rasch beginnen, wenn ein Verletzter nicht atmet. Zeit ist kostbar.
Kaserebenbahn Bergstation: Wunden, Gelenksverletzungen und Knochenbrüche
Mit der Gondel schwebe ich auf die zweite Station, diesmal in ein Zelt, in dem es etwas ruhiger zugeht. „Meistens sind es leichtere Schürfwunden und Gelenksverletzungen“, erklärt Simon, der den Kurs selbst leitet. Manchmal sind es auch ernstere Verletzungen, die jedoch nach dem selben Prinzip versorgt werden: „Knochenbrüche und Gelenksverletzungen müssen unterstützend gelagert werden, damit der Verletzte weniger Schmerzen hat“, erklärt Gerhard, der zweite Instruktor. Das Bein wird mit einer Deckenrolle eingewickelt und damit entlastet – das ist eine leichte Aufgabe für alle. Die Wundversorgung gestaltet sich ebenso einfach: „Wunden müssen gespült, keimfrei versorgt und verbunden werden“, sagt Simon, bevor wir dies selbst üben dürfen. Mehrmals müssen wir die Behandlung durchführen, so lange bis alles sitzt. „Gut, dass wir das wiederholt haben“, sagt eine Teilnehmerin, als wir das Zelt verlassen. „Danke für euer Wissen!“ Simon und Gerhard strahlen nach diesem Lob.
Das nehme ich mit: Erste Hilfe ist einfach. Eine kleine Verbandstasche am Berg ist Pflicht! Mit wenigen Handgriffen ist ein Verletzter rasch und gut versorgt.
Senderbahn Bergstation: Basismaßnahmen
„Bei den Basismaßnahmen kann nichts mehr schief gehen“, denke ich, als ich mit der Gondel hinauf auf die Bergstation der Senderbahn schwebe. Bevor ich in den nächsten Kurs husche, gönne ich mir noch einen Speckteller im Gipfelrestaurant Stubnerkogel und werfe einen genüsslichen Blick auf die Hängebrücke und die Aussichtsplattform. Das Wetter ist heute leider nicht so gnädig. Im nächsten Zelt geht es sofort los: „Basismaßnahmen verlaufen unabhängig von der Art des Notfalles und dienen dem Wohlbefinden des Patienten“, erklären die Instruktoren Sepp und Markus. Unser Körper verfolgt bei Notfällen folgende Strategie: Zuerst erhöhen wir unseren Puls, dann werden die Gefäße erweitert, nun wird das Blut aus der Haut abgezogen und zuletzt folgt der Kollaps – sofern keine Basismaßnahmen gesetzt werden. „Wird einem Notfallpatienten kalt, ist höchste Eisenbahn“, betonen die zwei. Wenn ein akuter Notfall bevorsteht, fragt man sich: Was tun? Eigentlich sehr einfach: „Hinlegen, Beine hochlagern, wärmen und psychisch betreuen: also gut zureden und alle Maßnahmen erklären.“ Ich lege jetzt deine Beine hoch, damit mehr Blut in den Rumpf gelangt. Ich wickle dich in eine Wärmedecke ein, damit du nicht unterkühlst. Nun mache ich das Fenster auf, damit du genug Luft bekommst – auch Hemd aufknöpfen und Gürtel aufschnallen kann notwendig sein. Das müsst ihr dem Verletzten unbedingt mitteilen, damit er/sie sich nicht überrollt fühlt: „Der Ersthelfer kündigt daher das Öffnen des Gürtels an!“, mahnt Markus. „’Du schaust nicht gut aus‘ oder ‚das wird schon wieder‘ sind Aussagen, die man vermeiden sollte“, mit diesen Worten schließt Sepp den Kurs. Wieder ist das Feedback der Teilnehmer einstimmig positiv.
Das nehme ich mit: Selbst nach rascher und kompetenter Erstversorgung kann noch vieles schief gehen. Der Verletzte muss daher durch Basismaßnahmen betreut werden.
„Bitte macht einen Erste-Hilfe-Kurs!“
Unfälle passieren in den Bergen einfach. Leben retten kann jedoch sehr einfach sein. Dazu braucht ihr das nötige Wissen. Euer letzter Erste-Hilfe-Kurs ist sicher länger her – wie auch meiner. Ich dachte auch, dass ich noch viel weiß, aber die Schulungen am Berg im Gasteinertal haben mich eines Besseren belehrt. Auf zur Ersten Hilfe am Berg im Gasteinertal. Sagt Simon liebe Grüße von mir.
Nächster Termin Erste Hilfe am Berg
Datum: Samstag, 01.09.2018
Uhrzeit: 09:00 Uhr
Ort: Angertal Talstation, Kaserebenbahn Bergstation, Senderbahn Bergstation
Kosten: Die Teilnahme an den Kursen ist kostenlos. Nur das Bergbahnticket muss gelöst werden.
2019 folgt Runde 3 von „Erste Hilfe am Berg“ im Gasteinertal. Ich bin wieder dabei!
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