Bergfeuern ein Gesicht geben
„Wo ist der Lainer“, schnaufe ich, als ich mit dem Mountainbike auf der Schmaranzalm ankomme. Kurz ist es totenstill. Unisono zeigen 7 Herren der Freiwilligen Feuerwehr aus Bad Hofgastein grinsend auf den blonden Mann in der schwarzen Jacke. Schallendes Gelächter und Schenkelklopfer machen alles wieder gut. Wir hätten uns auf der Biberalm verabredet, aber das Bier hat wohl zu gut geschmeckt: Männer vergessen da schon mal Raum und Zeit. Ich werde gerade Teil der Sonnwendfeier in Bad Hofgastein, welche ausschließlich Männer der Freiwilligen Feuerwehr, der Bergrettung, der Landjungend und der Musik organisieren. Der Andi drückt mir erstmal eine Flasche in die Hand. „Setz dich und trink eines!“, hätschelt er mich. Viele Entscheidungen und geschichtsträchtige Ereignisse beginnen mit einem Bier. „Prost!“, sage ich. „Gesundheit!“, alle anderen.
Bergfeuer seit 1976
Ob die Bergfeuer einen religiösen Hintergrund haben, kann mir keiner so recht beantworten. Eigentlich spielt das auch keine Rolle. „Sonnwendfeuer oder Herz-Jesu-Feuer brennen bei uns jedenfalls seit 1976“, erzählt Andi, Hauptverantwortlicher dieser Sonnwendefeier. Die anderen Herren nicken andächtig. „Heute sind 4 Frauen Mitglied bei der Feuerwehr“, wirft Christoph, im tiefsten Bayrisch plötzlich neben mir ein. „Wie ist das passiert?“, frage ich? „Das wissen wir selbst nicht!“, wiehert der Typ im Schnauzbart zu meiner Linken. Wieder brüllt der ganze Tisch. „Du Asylant aus Oberbayern, sei lieber still!“, donnert Martina, die Wirtin der Schmaranzalm, und serviert eine Runde Schnaps. „Du auch!“, stellt sie mir ein Stamperl (=Gläschen) vor die Nase. Ich seufze. „Da musst du jetzt durch!“, zeigt sich der Jüngste zu Tische mitfühlend und Martina meint: „Die Buben sind schon in Ordnung und haben ein gutes Herz.“ Sonnwendfeiern scheinen hier locker und spaßig zu laufen. Ich fühle mich wohl. Ernster ist es bei den Vorbereitungen: „Man muss jedes Jahr jemanden finden, der sich um die Organisation kümmert“, erklärt Andi. „Das ist eigentlich das Schwerste.“
Rauf bis zum Gipfel
„Zeit ist´s!“, gibt Andi das Kommando. Wir trinken aus, packen zusammen, schnallen uns Holz sowie Bier-Paletten auf den Rücken und gehen ca. 200 Höhenmeter zum Lagerplatz Fuchsleiten. Oben angekommen, machen wir in einer Senke als erstes ein Lagerfeuer. Das Gipfelkreuz am Fuchsleiten ist fast zu greifen, so klar ist es heute. Prompt stellen die Männer eine provisorische Bank aus drei alten Brettern auf – sie steht und hält felsenfest. Andere schmeißen sich ins Gras und gönnen sich ein Bier. Andi geht währenddessen mit drei anderen 400 Hm weiter auf den Gipfel des Hundskopf. Dort werden den Grat entlang die restlichen der 500 Fackeln eingesteckt. Am Vortag war bereits jemand fleißig. Ich schaue ihnen genussvoll beim Schaffen zu. „Arbeit ist das keine!“, sagt Andi, als er nach einer Stunde wieder runter kommt. „Dafür macht´s zu viel Spaß!“ Ob er er mich denken gehört hat? Fast schon unheimlich…
Gesichter des Feuers
Gemütlich ist es hier oben, die Jungs haben es sichtlich schön, Geschichten von damals werden ausgepackt. Sie lachen, diskutieren, haben Ideen zur Weltrettung, erzählen sich Witze und besprechen den Ablauf des Abends. Gesichter, die in emotionsreichen Erinnerungen schwelgen, stecken an. Strahlende Augen reißen mit. Manch einer will wissen, wieso ich mich für sie und die Sonnwendfeier interessiere. Offen und neugierig sind sie, genau so wie ich als Schreiberling. Geehrt fühlen sie sich, weil sie ein wenig Rampenlicht bekommen – und sie haben es verdient: Gäste und Bewohner in Gastein sehen die Bergfeuer nur von unten und nicht die Menschen dahinter. Bergfeuern ein Gesicht geben – das ist der Titel einer Geschichte, mit der ich Teil von etwas werden darf, das anderen verschlossen bleibt, so auch bei der Sonnwendfeier im Gasteinertal. Hier darf ich Männer bei etwas kennen lernen, das sie gerne tun: Feuer machen, schatzen (= sich unterhalten) und den Menschen im Tal ganz selbstverständlich ein wunderbares Spektakel bieten.
Feiern bis in den Morgen
Später werden sich die Mitglieder der Bergrettung, Feuerwehren, Landjugend, Musikkapellen und alle anderen, die bei der Sonnwendfeier mitgewirkt haben, auf der Biberalm treffen. Dort werden sie noch feiern, bis es hell wird. Das machen sie jedes Jahr so.
Über Andi Lainer
Andreas ist gelernter Maschinenschlosser und arbeitet bei den Gasteiner Bergbahnen. Die Sonnwendfeier ist für ihn ein schöner Brauch mit tiefgehender Tradition. Er ist jedes Jahr gerne dabei, weil so Freundschaften bei der Freiwilligen Feuerwehr und allen anderen Vereinen gelebt werden. Brauchtum ist ein Feuer, das weiter gegeben werden muss und auch Andi gibt es weiter – in einem Mail schreibt er mir: „Es war übrigens das letzte Mal, dass ich die Sonnwendfeier organisiert habe. Ich gebe die Ehre nächstes Jahr an jüngere weiter.“
Save the Date: Sonnwendfeier 2019
Im Juni 2019 findet die nächste Sonnwendfeier in Gastein statt, bei der ihr euch die Berge in Flammen von unten selbst ansehen könnt. Oder wagt euch lieber auf die Biberalm und die Schmaranzalm. Die Männer, vielleicht bald auch Frauen, der Feuerwehr und der Bergrettung würden sich freuen. Zu Essen und zu Trinken gibt’s dort genug, falls nötig auch ein Matratzenlager.
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